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Was Einrichtungstextilien so alles können müssen

Klimawandel, Alterung der Gesellschaft sowie Umweltaspeke lassen die Anforderungen an Einrichtungstextilien weiter wachsen. Dazu kommen höhere Erwartungen der Konsumenten an deren Gebrauchseigenschaften. Nachfolgend stellen wir die innovativen Features von Wohntextilien vor, die vor kurzem auf den Markt kamen. Einen umfassenden Überblick erhalten die Besucher auf der Techtextil in Frankfurt.

Vier Tage lang wartet die Techtextil in Frankfurt mit einem großen Angebot an technischen und funktionellen Textilien für die unterschiedlichsten Einsatzgebiete auf. Die Einrichtungsindustrie wird in den Hallen 3.0,3.1 sowie 4.1 und 4.2 eine Fülle an innovativen Produkten oder neue Lösungen antreffen, mit denen sich die gestiegenen Anforderungen der Endverbraucher an Komfort und Gebrauchsnutzen bei Wohntextilien erfüllen lassen.

Komfort und Design auch im Freien

Mit dem Wandel der Gesellschaft und der zunehmenden Urbanisierung wachsen die Ansprüche an Haus- und Heimtextilien. Doch nicht nur im privaten Bereich sind textile Produkte gefragt, die mit funktionellen Features ausgestattet sind. Ob im Garten, auf dem Balkon oder im Biergarten, der Trend zum Aufenthalt im Freien gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sitz- und Polsterbezüge sowie die Bezüge für Sitzkissen müssen dann nicht nur der hohen UV-Bestrahlung trotzen, sondern auch möglichst pflegeleicht ausgerüstet sein. Denn die Nutzer wollen auch im Freien nicht auf Komfort und Design verzichten. Für den Einsatz im Freien hat der Faserhersteller Trevira CS spezielle UV-stabile, spinngefärbte Filamentgarne entwickelt. Bei diesen flamm­hemmenden Garnen wird der Farbstoff der Spinnmasse über Masterbatch zugeführt, so dass eine sehr hohe Lichtbeständigkeit erreicht wird. Die UV-Beständigkeit wird  durch Beigabe eines UV-Stabilisators zusätzlich noch gesteigert. 

Akustiklösungen für Open Spaces

Mit den Veränderungen in der Arbeitswelt und in der Büroarchitektur wandeln sich auch die Anforderungen an Textilien im Objektbereich. Der Trend in der Büroarchitektur zu Open Spaces, also offen gestalteten Arbeitsbereichen, stellt die Innenarchitekten vor neue Herausforderungen, die sie jedoch mit innovativen technischen Textilien und anderen textilen Materialien mit Bravour meistern können. In offenen Büroarchitekturen spielt die Raumakustik eine wichtige Rolle, weshalb zahlreiche Aussteller auf der Techtextil hierfür textile Lösungen mitbringen werden.
Der Vliesstoff-Spezialist Sandler wird auf der Techtextil die Besucher in seine breitgefächerte Welt der Anwendungen führen. Spezielle Schallisolationsvliese optimieren die Gesprächsakustik durch ihren Einsatz in Stell- und Bürotrennwänden. Die textilen Lösungen können zusätzlich als Designelement fungieren und ermöglichen dann eine individuelle Raumgestaltung. Außerdem bieten textile Vliese auch im Automobilbau Vorteile, indem sie als Sitzunterpolsterungen zu einem optimalen Sitzklima beitragen.
Mit mehreren Features kann der Vorhangstoff „Reflectacoustic“ von Création Baumann punkten: Sein hochfunktionales transparentes Gewebe bietet hohen Blend- und Wärmeschutz und absorbiert gleichzeitig auch den Schall. In das zweiseitige Gewebe ist auf der Rückseite ein aluminiummetallisiertes Spezialgarn eingewebt. Die Geweberückseite reflektiert das Sonnenlicht und verringert die Wäremeinstrahlung, ohne die Transparenz maßgeblich zu beeinflussen.

Kleinere Wohnungen

Wachsende Urbanisierung stellt die Städteplaner vor neue Herausforderungen. Die daraus resultierende Wohnungsknappheit kann nach Ansicht von Experten nur durch den Bau höherer Häuser mit kleineren Wohnungen gelöst werden. Auch hier kommen Textilien ins Spiel: Die Deutschen Institute für Faser- und Textilforschung (DITF) haben eine Reihe von möglichen Lösungen entwickelt, die sie unter anderem auf der Techtextil ausstellen werden. Die Forscher aus Denkendorf waren bereits auf der Techtextil 2017 für die Entwicklung des Verbundwerkstoffes „Purcell“ mit dem ­Techtextil-Innovation-Award in der Kategorie „new material“ ausgezeichnet worden. Bei diesem neuartigen Verbundstoff, der einmal etablierte GFK-Bauteile ersetzen soll, besteht sowohl die Verstärkungsfaser wie auch die Matrixkomponente aus dem Naturstoff Cellulose. Neben dem umweltschonenden Produktionsverfahren punktet der Werkstoff durch seine vollständige Rezyklierbarkeit. 

Brandschutz mit Textilien

Dichtere Bebauung im Zug der Urbanisierung erhöht auch die Brandgefahr. Hier haben die Faserhersteller bereits spezielle flammhemmende Fasern und Garne im Portfolio. Sie sorgen dafür, dass Sitzbezüge, Teppiche und Vorhänge in Wohn- und Objektgebäuden nicht so leicht Feuer fangen. Während bislang eine gute Brandschutzwirkung bei Polyamiden zu Lasten der physikalischen und physiologischen Eigenschaften von Teppichen, Polster- und Sitzbezügen oder Gardinen ging, soll ein neues Verfahren des DITF dieses Manko ändern. Wurden bislang den Polymeren flammhemmende Phosphorverbindungen in großen Mengen zugesetzt, werden bei dem neuen Prozess die Verbindungen chemisch an die Molekülketten gekoppelt und damit viel fester an das Polymer gebunden. Der Flammschutz ist somit direkt in das Polyamid eingebaut und kann nicht wie bislang durch Alterung und Waschvorgänge mit der Zeit heraustreten.
Der Faserhersteller Reliance Industries hat dem Markt unter dem Namen „Recron FS“ kürzlich ebenfalls eine neuartige Technologie vorgestellt, die für eine dauerhafte flammhemmende Wirkung der Polyesterfaser sorgen soll. Unter dem Markennamen „Trevira CS“ hat der Faserhersteller Trevira seit vielen Jahren schwer entflammbare Markenfasern und Filamentgarne im Portfolio, die kontinuierlich weiterentwickelt und mit neuen Features ergänzt werden.
Der Kunstleder-Spezialist Continental bietet mit „skai Parotega NF“ zudem ein Polstermaterial für Hospitality-Bereiche, das extrem strapazierfähig und dennoch angenehm und weich ist. In 40 Farben erhältlich, erfüllt es laut Firmenangaben die höchsten internationalen Brandschutznormen B1, DIN EN 13501 B-s3, d1 sowie Crib 5. Neben diesem Produkt stehen den Kunden drei weitere „skai“-Polsterbezugsstoffe zur Verfügung, die ebenfalls flammhemmende Eigenschaften aufweisen.

Nachhaltigkeit wird zum „Muss“

Noch stärker als heute werden die Megacitys von morgen mit den Problemen wachsenden Mülls konfrontiert sein. Nachhaltigkeit und Recycling werden nach Ansicht von Zukunftsforschern daher größere Beachtung erhalten. Die Textilwelt hat bereits darauf reagiert; zahlreiche Firmen haben innovative Produkte entwickelt, die auf ökologischen Lösungen oder dem Cradle-to-Cradle-Konzept beruhen. Eine Reihe von Ausstellern wird in Frankfurt mit nachhaltigen Lösungsansätzen auftreten, etwa mit dem Recycling von PET-Flaschen und Ozean­plastik oder mit dem Einsatz von zertifizierten Naturmaterialien.
Der Faserhersteller Lenzing beispielsweise hat unter dem Namen „Refibra“ eine inno­vative Technologie entwickelt, die seit kurzem auch in Bettwaren bzw. im Einrichtungs­bereich eingesetzt werden kann. Bei diesem Verfahren wird bei der Produktion der Zellstofffaser „Lyocell“ neben frischem Zellstoff rund 20 Prozent recyceltes Material aus
Bauwollstoffresten mitverwendet. Produkte mit Refibra-Technologie werden sich laut Anbieter weiterhin durch hohe Feuchtigkeitsabsorption bei geringem Bakterienwachstum auszeichnen. Andere Hersteller von Heimtextilien bieten ihren Kunden heute ebenfalls nachhaltige Produkte, etwa die niederländische Weberei ­Raymakers. Ihr neuer Velours ist aus BCI-zertifizierterBaumwolle gewebt. Das Kürzel BCI steht für „Better Cotton Initiative“, die das Ziel verfolgt, eine nachhaltige Produktion von Baumwolle zu fördern.
Wenn es um das Thema Schlafen geht, haben die Hersteller ebenfalls die Umwelt im Blick: Der Bettware „andeo“ der Bettfedernfabrik Otto Keller, deren Bezug zu 100 Prozent aus Biobaumwolle besteht, wurde kürzlich das Umweltsiegel „Blauer Engel“ verliehen. Mit dem Umweltzeichen für Textilien werden nur Produkte ausgezeichnet, die strenge Kriterien erfüllen, wobei die gesamte textile Kette, von der Rohfaser bis zum Fertigprodukt, berücksichtigt wird.
Umweltfreundlichkeit kann auch einer neuen Polyesterfaser von Advansa bescheinigt werden, die der Faserhersteller speziell für den Einsatz in Bettwäsche entwickelt hat . Es handelt sich hierbei um eine neue Art Mikrofaser, die sich wie eine normale Füllfaser waschen und trocknen lässt. Durch ein modifiziertes, silikonisiertes Finish absorbiert diese neue Variante aber weniger Wasser, so dass die Trocknung laut Anbieter schneller erfolgen soll als bei anderen Mikro-Füllfasern.

Gesundheitaspekte im Fokus

Neben Umweltaspekten spielt die Gesundheit eine wichtige Rolle. Aufgrund der wachsenden Anzahl an Allergien und Unverträglichkeiten rechnen Experten damit, dass die Konsumenten gesundheitliche Aspekte beim Kauf künftig stärker in Betracht ziehen. Immer mehr Faserhersteller, z. B. Trevira oder TWD Fibres, steigen daher auf antimonfreie Produkte um. Auch ein Blick auf das textile Angebot für die Verwendung im Privat- und Objektbereich zeigt eine Fülle an gesundheits­fördernden Funktionen, mit denen sich Bezugsstoffe, Vorhangstoffe und Betttextilien ausstatten lassen. So hat die Firma Mattes & Ammann kürzlich in ihren Matratzenbezügen die Polyester-Hohlfaser „Diolen Thermo“ von TWD Fibres verwendet. Als Filamentgarn bietet die Hohlfaser im Bettbereich eine natürliche Isolationswirkung, wie man sie in der Natur auch im Fell von Eisbären vorfindet. Da die Faser über die gesamte Garnlänge in den einzelnen Filamenten Hohlräume aufweist, ist sie laut Anbieter in der Lage, den Schlaf­komfort zu verbessern und die Körpertemperatur bei Umgebungstemperaturspitzen zu stabilisieren. 

Wachsende Individualisierungswünsche 

Die dekorative Wirkung von textilen Materialien in der Inneneinrichtung wird neuerdings mit zusätzlichen Funktionen kombiniert. Neuartige Kunstfasern enthalten Leuchtdioden bereits im Rohmaterial und ermöglichen dann wirklich smarte Textilien. Die Firma ATN hat Kunstleder und Mikrofaserstoffe mit integrierten LEDs ins Sortiment aufgenommen, wobei der Kunde die Anzahl und Bestückung der Lichteffekte individuell bestimmen kann. Eingewebte leitende Garne ermöglichen den dekorativen Lichteffekt, dessen Helligkeit über eine App gesteuert werden kann.
Dank neuartiger Technologien wie dem ­Digitaldruck können die Anbieter von Polstermaterialien auch dem wachsenden Trend zur Individualisierung Rechnung tragen. Mit Hilfe eines Inkjet-Druckers lassen sich individuelle Muster auf die Bezüge von Sitz- und Polstermöbeln sowie von Wandbespannungen und Bettkopfteilen wirtschaftlich auch in kleinen Mengen aufbringen. Kunden des Kunstleder-Spezialisten Continental haben seit kurzem die Möglichkeit, online ein Digitaldruckdesign aus einem Katalog von mehreren Tausend Designs auszuwählen und dieses in Farbe, Größe und Rapportierung für ihr Projekt passend zu machen. Die im „skai Design Lab“ ausgewählten Designs lassen sich dann digital auf zwei unterschiedliche Materialqualitäten drucken. Darüber hinaus kann bei der Prägung aus drei Narbenstrukturen gewählt werden. Richard Barth

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