DCC
„Digitaler Produktpass“ im Fokus

Werner Herrmann (UBWH) während seines Beitrags zum BIM-Format IFC, das dank Millionen aktiver Nutzer aus Architektur und Bauwesen der Möbelbranche erstmals den Weltmarkt der Immobilienausstattung erschließen könne. Foto: DCC

Ende November, im Anschluss an die Mitgliederversammlung zum 25-jährigen Jubiläum des Daten Competence Centers e. V., traten die Fachbeiräte des DCC zu ihrer gemeinsamen Herbstsitzung im Kloster Haydau südlich Kassels zusammen. Professionell geführt von Geschäftsführer Dr. Olaf Plümer standen die Schwerpunkte Digitaler Produktpass, der verpflichtende Verkehr mit elektronischen Rechnungen, die digitale Transformation sowie die Ergebnisse der Gremienarbeit im Mittelpunkt.

Dr. Plümer rückte in seinem Auftakt-Beitrag den Digitalen Produktpass (DPP) in den Fokus, der das Tagesgeschäft der DCC-Geschäftsstelle in der kommenden Zeit nachdrücklich prägen wird. Auf EU-Ebene verbindlich beschlossen, liegen zur Umsetzung der DPP derzeit kaum Handreichungen vor. Zu den noch in der Findungsphase befindlichen Maßgaben gehört beispielsweise die Gestaltung der sogenannten „Verwaltungsschale“. Arbeitsintensiv wird auch die Umsetzung der Forderung gemäß Artikel 8 der ESPR (Ökodesign-Richtlinie), dass über den DPP die „informierte Kaufentscheidung“ der Verbraucher vor dem Kaufvollzug zu ermöglichen ist.

Offen sei aktuell weiterhin, so Dr. Plümer, was bei einem Produktpass mit „Produkt“ explizit gemeint sei. Eine für die Möbelindustrie mit ihren variantenreichen Erzeugnissen hoch relevante Fragestellung: Ist das „Produkt“ die Küche, eine Kommission, der Küchenschrank, die Arbeitsplatte oder gar jedes einzelne Element in den Stücklisten?

Auch das mit dem DPP korrespondierende EU-Produktpassregister – geplant für Massenprodukte, wie es hoch komplexe Möbel gerade nicht sind – wirft derzeit mehr Probleme auf, als dass Klärung erwartet werden könne. Immerhin, so der DCC-Geschäftsführer weiter, ist die Möbelindustrie über VDM und DCC in das neue DIN-Gremium zur Normierung Digitaler Produktpässe eingebunden – was aktive Gestaltungsoptionen eröffnet.

Anschließend sorgten die live zugeschalteten Geschäftsführer Eddine Alimat und Denis Lajoie des kanadischen Start-ups Synode Inc. aus Quebec für hohe Aufmerksamkeit. Ihre Plattform bietet digitale interaktive 3D-Aufbau- und umgekehrt -Demontage-Anleitungen. Trotz mit 3:30 Uhr außergewöhnlich früher Ortszeit demonstrierten die Gründer motiviert, wie ihr Tool dank hochwertiger Explosionsskizzen mit Blick auf die kommende Kreislaufwirtschaft die Produktseparation und das nach Materialien getrennte Recycling in der Möbelbranche unterstützen könnte.

Wie stark sich inzwischen die Arbeit in den verschiedenen Arbeitsebenen des Daten Competence Centers ausgedehnt hat, machte der von Anika Degenhard verantwortete und größte Tagesordnungspunkt dieser Sitzung klar: In 29 Einzelsitzungen, davon allein 16 Termine unterschiedlicher Arbeitsgruppen des DCC, kamen die bundesweiten Experten zusammen und berieten zu den IDM Living und Küche/Bad, zum IDM 3D, zu E-Class, zu EDI, zum Beanstandungsmanagement und vielen anderen Themen mehr. Degenhard leistet als „Leitung Standardisierung Datenformate“ in dieser Gremien-Matrix erfolgreiche Schwerstarbeit – wie Vorstand, anwesende Mitglieder und die Geschäftsführung immer wieder dankend hervorhoben.

Verschiedene Tagungsgäste beleuchteten danach einzelne Aspekte der Facharbeit im DCC genauer. Der zugeschaltete Klaus Förderer (GS1 Germany) erläuterte in seinem Beitrag „E-Rechnungsverpflichtung in Deutschland“ den aktuellen Status mit Blick auf EDI. So fordert das beschlossene Wachstumschancengesetz zumindest für den Bereich B2B ab 2026 standardisierte, digital lesbare Rechnungen – wobei bestehende EDI-Formate offenkundig erhalten bleiben sollen.

Dietmar Weber (Iwofurn), Stefan Willms (Morphe) und DCC-Berater Prof. Nektarios Bakakis (Hochschule Worms) brachten die Sitzungsteilnehmer auf den neuesten Stand hinsichtlich Beanstandungsmanagement, der Klassifizierung als Grundlage der Digitalen Produktpässe sowie dem DCC-Digitalindex mit dessen abgeschlossener Pilotphase.

Ausgesprochen spannend anschließend die sich gegenseitig befruchtenden Referate von Ekkehard Beier (Intelligentgraphics) und Werner Herrmann (UBWH): Während Beier zum zwingend erforderlichen Austausch von 3D-Katalogdaten argumentierte, verdeutlichte Herrmann die globale Bedeutung des BIM-Formats IFC. Stellvertretend für alle Anwesenden kommentierte DCC-Vorstand Dirk Fitzke (Nobilia) völlig treffend, dass es für die Branche kein „entweder oder“ gäbe, sondern nur die zeitnahe Umsetzung beider Herausforderungen.

Patrick Söhnke begeisterte zu Veranstaltungsausklang schließlich mit seinen Ausführungen zu den „Moebel Digit@l“ FXM Think Tanks sowie zum hochkarätigen Projekt Furn-Fusion. Während sich das letztgenannte Vorhaben verschiedener Konsortialpartner, darunter das FZI aus Karlsruhe, als ganzheitliche Customer-Experience-Management-Plattform zur nachhaltigen Optimierung der Wertschöpfungskette in der Möbelbranche versteht, werden in den Sessions der Think Tanks Bedarfe und Lösungen zur digitalen Transformation in der Möbelbranche artikuliert und gefunden. Die nächsten wichtigen Termine für alle hieran Interessierten, so Söhnke, finden auf der kommenden IMM Cologne im Januar 2024 statt.


zum Seitenanfang

zurück